Was ist Leichte Sprache?
Leichte Sprache gehört zur barrierefreien Kommunikation und wurde speziell für und mit Menschen mit Lernschwierigkeiten entwickelt.
Eine offizielle Definition von Leichter Sprache lautet:
„Deutsche Leichte Sprache ist eine stark vereinfachte Form der deutschen Sprache, die auf maximale Verständlichkeit abzielt. Sie ist sprachlich und inhaltlich vereinfacht und erfordert ein geringes Vorwissen der Nutzerinnen und Nutzer. (…) Ziel der Leichten Sprache ist es, kommunikative Barrieren für Menschen mit Lernschwierigkeiten abzubauen, um die Selbstbestimmung und Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu ermöglichen und zu erleichtern.“ (DIN SPEC 33429, 4.1, Seite 11)
Leichte Sprache wird stärker vereinfacht als die Einfache Sprache. Zu den Unterschieden lesen Sie unten mehr.
Leichte Sprache ist ein Fachbegriff. Um das deutlich zu machen, wird das „L“ in Leichte Sprache immer großgeschrieben.
Für wen ist Leichte Sprache wichtig?
Leichte Sprache hilft vor allem – aber nicht nur:
- Menschen mit kognitiven Einschränkungen bzw. Lernschwierigkeiten bzw. intellektuellen Beeinträchtigungen
- Menschen mit seelischen oder psychischen Beeinträchtigungen
- Menschen mit sehr geringen Lese- und Schreibfähigkeiten
- Menschen, die (noch) nicht so gut Deutsch können
- Menschen mit Demenz oder mit Sprachverlust (Aphasie)
- älteren Menschen, die nicht mehr so gut sehen oder sich Inhalte nicht mehr so gut merken können
- …
"Geistig behindert", "Lernschwierigkeiten" oder "kognitiv beeinträchtigt"?
Im Kontext der Leichten Sprache nutzen wir den Begriff „Menschen mit Lernschwierigkeiten“, um die Hauptzielgruppe von Leichte-Sprache-Texten zu benennen. Dieser Begriff wird von der Selbstvertretungsorganisation „Mensch zuerst – Netzwerk People First e. V.“ bevorzugt.
In der deutschen Gesetzgebung ist von „Menschen mit geistiger Behinderung“ die Rede. Zum Beispiel im Behindertengleichstellungsgesetz. Die so bezeichneten Menschen empfinden diesen Begriff jedoch als diskriminierend.
Benutzen Sie deshalb bitte „Menschen mit Lernschwierigkeiten“. Oder nutzen Sie die Formulierungen „Menschen mit kognitiven Einschränkungen“ oder „Menschen mit intellektuellen Beeinträchtigungen“. Diese kommen oft in der Fachliteratur vor.
Was macht Leichte Sprache besonders? Und warum ist sie so wichtig?
- Leichte Sprache stärkt gesellschaftliche Teilhabe und Selbstbestimmung durch einen einfachen Zugang zu wichtigen Informationen
- Leichte Sprache steht im Gesetz: Menschen haben ein Recht auf verständliche Kommunikation und Leichte Sprache!
- Leichte Sprache hat viele Regeln für Wortwahl, Zahlen, Zeichen, Satzbau, Textstruktur, Textgestaltung und Bilder
- Leichte Sprache umfasst Prüfgespräche mit Menschen aus der Zielgruppe
Wie unterscheidet sich die Leichte Sprache von der Einfachen Sprache?
Viele Menschen verwechseln die Leichte Sprache mit der Einfachen Sprache. Das passiert schnell, denn die Begriffe sind sich sehr ähnlich. Und beide haben zum Ziel, Sprache zu vereinfachen. Der Unterschied liegt allerdings in dem Grad der Vereinfachung. Ob ein Text in Einfacher Sprache oder in Leichter Sprache geschrieben sein sollte, hängt eng mit diesen Fragen zusammen:
- Was ist die Textsorte (Brief, Webseiten-Text, E-Mail, Info-Flyer) und worum geht es inhaltlich?
- Wer soll den Text verstehen? Wie gut kann die Person (Deutsch) lesen und schreiben?
- Wie viel weiß die Person zu dem Thema? Was muss ich erklären?
- In welcher Situation liest die Person den Text?
- Was soll die Person mit den Informationen machen?
Es kommt also auf die Zielgruppe an, ob ich einen Text in Einfacher Sprache schreibe oder ihn in Leichte Sprache übertrage(n lasse).
Die wichtigsten Unterschiede zwischen Leichter Sprache und Einfacher Sprache haben wir in dieser Tabelle gegenüber gestelltUnterschiede | Leichte Sprache | Einfache Sprache |
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Zielgruppe | Menschen mit kognitiven Einschränkungen bzw. Menschen mit Lernschwierigkeiten | die breite Bevölkerung |
Grad der Vereinfachung | Leichte Sprache ist stark vereinfacht. Sie entspricht etwa den Niveaustufen A1 bis A2: | Einfache Sprache ist etwas komplexer als Leichte Sprache. Sie entspricht etwa den Niveaustufen B1 bis B2. |
Regeln bzw. Empfehlungen | Es gibt mehr oder weniger feste Regeln für die Leichte Sprache. Diese sind in Regelwerken festgehalten. Zu den Regeln gehören zum Beispiel:
- kurze und bekannte Wörter
- keine Fachwörter
- direkte Ansprache
- ein Gedanke pro Satz pro Zeile
- keine Nebensätze
- maximal 10 Wörter pro Satz
- kein Passiv, kein Konjunktiv, kein Genitiv
- keine Verneinungen
- …
| Bei der Einfachen Sprache sprechen wir eher von Empfehlungen, statt von Regeln. Sie ist flexibler. Ein paar Empfehlungen lauten zum Beispiel:
- kurze und bekannte Wörter
- Fachwörter vermeiden oder erklären
- Hauptsatz und Nebensatz können kombiniert werden
- maximal 20 Wörter pro Satz
- wenig Passiv
- Nominalstil vermeiden
- …
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Gestaltung und Bilder | Texte in Leichter Sprache haben oft ein spezielles Layout und eine andere Struktur, damit sie zugänglicher sind. Auch dafür gibt es Regeln. | Texte in Einfacher Sprache sehen (meistens) aus wie Standardtexte. Es gibt kein spezielles Layout. Aber auch hier gibt es Empfehlungen für eine bessere Lesbarkeit. |
Prüfgespräche mit der Zielgruppe … | … gehören für eine hohe Qualität der Leichte-Sprache-Texte immer dazu! | … sind kein Muss – aber sehr hilfreich! |
Auf welchen rechtlichen Grundlagen beruht Leichte Sprache?
UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK)
- Artikel 21 und Artikel 9 fordern die Zugänglichkeit von Informationen und Kommunikation für Menschen mit Behinderungen. Leichte Sprache ist ein Mittel, dieses Recht umzusetzen.
Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland
- Artikel 3 Absatz 1 garantiert allen Menschen Gleichheit vor dem Gesetz. Artikel 3 Absatz 3 schützt Menschen mit Behinderungen vor Diskriminierung.
Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz
- Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz zielt darauf ab, Benachteiligungen zu verhindern und bestehende Benachteiligungen zu beseitigen.
Bremisches Behindertengleichstellungsgesetz (BremBGG)
- Es verpflichtet öffentliche Stellen, Barrierefreiheit zu fördern, auch bei der Kommunikation, wozu auch die Leichte Sprache gehört. Entscheidend ist Paragraf 11 – Verständlichkeit und Leichte Sprache.
Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung (BITV 2.0)
- Sie regelt die Barrierefreiheit und fordert unter anderem, dass Inhalte von Webseiten von Trägern öffentlicher Gewalt leicht verständlich und zugänglich gestaltet werden. Das schließt die Nutzung von Leichter Sprache und Deutscher Gebärdensprache ein. Entscheidend ist Paragraf 4 – Erläuterungen in Deutscher Gebärdensprache und Leichter Sprache. In der Anlage zur BITV 2.0 finden Sie konkrete Vorgaben, wie Sie Informationen in Leichter Sprache auf Webseiten bereitstellen sollen.
Sozialgesetzbuch 9 (SGB IX)
- Fördert die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen und umfasst auch den Zugang zu verständlichen Informationen.
Regeln der Leichten Sprache
Damit Leichte Sprache für möglichst alle Menschen gut verständlich ist, gibt es viele Regeln. Die Regeln beziehen sich auf die Wortwahl, den Umgang mit Zahlen und Zeichen, den Satzbau, die Textstruktur und die Gestaltung. Die wichtigsten Regeln für Leichte Sprache:
- kurze und bekannte Wörter aus dem Alltag benutzen
- mehr Verben statt Hauptwörter benutzen
- keine Abkürzungen benutzen
- keine Fachbegriffe, Fremdwörter und Synonyme benutzen
- lange Wörter mit einem Binde-Strich oder Mittel·punkt (auch: Medio·punkt) trennen
- keine komplexen Zahlen oder unbekannte Sonderzeichen (zum Beispiel: &, % oder #) benutzen
- kurze Hauptsätze mit dem Satzbau „Subjekt – Prädikat – Objekt“ bilden
- kein Passiv, kein Konjunktiv, keine Verneinungen benutzen
- keine Bildsprache benutzen (Sprichwörter, Redewendungen, Metaphern, feststehende Ausdrücke, geflügelte Worte)
- möglichst kurze Texte schreiben und manche Inhalte zusammenfassen
- Leser*innen persönlich ansprechen
- Absätze bilden, Zwischenüberschriften benutzen
- wichtige Infos hervorheben (zum Beispiel: Wörter fetten, Sätze mit einem Rahmen versehen oder eine andere, kontrastreiche Schriftfarbe wählen) – gehen Sie mit Hervorhebungen immer sparsam um!
- auf eine einfache, gut lesbare, kontrastreiche und große Schrift achten
- großen Zeilenabstand einhalten, Text linksbündig platzieren
- je Satz nur ein Gedanke und den nächsten Satz in einer neuen Zeile schreiben
- passende Bilder zum Text benutzen (Leichte-Sprache-Bilder, Zeichnungen, Fotos)
- von der Zielgruppe prüfen lassen
Im Vergleich zur Einfachen Sprache versucht die Leichte Sprache möglichst alle dieser Regeln zu berücksichtigen. Wenn Sie selbst mal versuchen, alle Regeln einzuhalten, werden Sie merken: Leichte Sprache ist gar nicht so leicht. Deshalb gibt es Expert*innen, die das Schreiben von Texten in Leichter Sprache zum Beruf gemacht haben und eng mit Prüfgruppen zusammenarbeiten. Wenn Sie einen Text in Leichter Sprache brauchen, dann wenden Sie sich am besten an ein Büro für Leichte Sprache.
Regelwerke für Leichte Sprache
Es gibt verschiedene Regelwerke für die Leichte Sprache. In den Regelwerken können Sie die einzelnen Regeln nachlesen und anhand von Beispielen nachvollziehen.
- vom Deutschen Institut für Normung: DIN SPEC 33429 (Empfehlungen für Deutsche Leichte Sprache) – DIN SPEC steht für DIN SPECIFICATION. Sie ist eine Vorstufe einer DIN-Norm und kostenlos.
- vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales in Zusammenarbeit mit dem Netzwerk Leichte Sprache e. V.: Leichte Sprache – Ein Ratgeber, Heft 1 und Heft 2. Die Ratgeber sind kostenlos.
- vom Netzwerk Leichte Sprache e. V.: Die Regeln für Leichte Sprache. Die Regeln sind kostenlos.
- von Inclusion Europe: Europäische Regeln, wie man Informationen leicht lesbar und leicht verständlich macht. Die Regeln sind kostenlos.
- von Ursula Bredel und Christiane Maaß, Forschungsstelle Leichte Sprache an der Universität Hildesheim, erschienen in der Reihe Duden-Ratgeber: Leichte Sprache. Theoretische Grundlagen. Orientierung für die Praxis. Der Ratgeber kostet Geld.